Heimatverein Drabenderhöhe e.V.

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2019-09-01 - Jahreswanderung "Auf den Spuren von Peter Kauert ins Erzabbaugebiet Kaltenbach"

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Das Thema der diesjährigen Wanderung befasste sich mit der Bergbau unserer Region. Ziel war Oberkaltenbach. Dazu ging es am Munitionsdepot vorbei immer weiter abwärts bis zum Grillhäuschen der Schützenvereins in Kaltenbach. Den Weg zurück nahmen wir durch das romatische Hipperichsiefental mit seinen noch fünf vorhandenen Teichen. Den Nachmittag ausklingen lassen haben wir auf dem Dorffest in Dahl, welches der Verschönerungsverein Dahl e.V. ausgerichtet hat.

Den Vortrag zum Thema von Achim Höhler finden Sie hier:

Kaltenbach gehört zwar zur Kirchengemeinde Ründeroth, steht aber wegen der Bergbautätigkeit des Peter Kauert in Verbindung mit Drabenderhöhe. Die Ansiedlung besteht aus mehreren Weilern. Durch den Ort verlief bis 1956 eine mehrere Jahrhunderte lang bestehende Grenze zwischen dem Herzogtum Berg, Amt Steinbach – später Gemeinde Engelskirchen und der Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt – später Gemeinde Ründeroth. Dabei lagen auf gimbornischen Gebiet die Höfe Kaltenbach, Daxborn,Neuenberg, Ufer und Wege und auf bergischen Territorium die Höfe Oberkaltenbach und Dorn. Bereits im Jahre 1183/1187 findet der Ort mit Bergbau als „Caldinbeche“ Erwähnung im Siegburger Mirakelbuch. Die Abtei Sankt Michael besaß in der Gegend Ländereien. Oberkaltenbach entwickelte sich im Mittelalter zu einem der Zentren der oberbergischen Eisenerzgewinnung.

Zu einem Bergbaupionier wurde Peter Kauert, der vor 1675 geboren wurde. Er war ein Sohn des Sebastian Kauert aus Büddelhagen. Sebastian Kauert ist als Bergvogt bekannt und stammte aus Verr. Dessen Vater Dietrich war als Landmesser tätig. Dies belegt ein Dokument aus dem Jahre 1660 als das Haus Braunswerth geteilt wurde.

Die Tradition als Bergvogt begründete Peter Kauerts Urgroßvater Christian Kauert, der in einer Steuerliste aus dem Jahre 1616 genannt wurde. Nachdem Peter Kauerts Onkel Albert Kauert keine männlichen Nachfahren hatte, zog er mit seiner Frau Gertrud Schmidt, einer Tochter des Kaufmanns und Betreiber der Weiershagener Hütte Peter Schmidt aus Anfang, später Drabenderhöhe um 1693 nach Verr um. Sein Schwager Christian Schmidt war um 1730 der Erbauer der Bielsteiner Burg.

1710 begann er in Oberkaltenbach mit der Suche nach Eisenerzvorkommen auf einem Gelände, dass 50 Jahre zuvor aufgegeben wurde, aber zunächst ohne nennenswerten Erfolg. Erst im sehr trockenen Jahre 1719 entdeckte er mit Totaleinsatz seiner Geldmittel und der Arbeitskraft seiner Söhne große Eisensteinlager. Der Überlieferung nach soll er sein letztes Rind verkauft haben, um noch ausstehende Schichtlöhne an die Arbeiter zu zahlen. Er erhielt die Belehnung durch den bergischen Bergvogt Burckhardt. Doch im Folgejahr stand die Grube wieder unter Wasser. 1721 errichtete er ein Pumpwerk, welches durch ein sehr hohes Wasserrad betätigt wurde. Der Flurname „Am Kauertsrad“ weist heute noch auf diese außergewöhnliche Pionierleistung hin. In einem Bericht von Friedrich August Eversmann aus dem Jahre 1804 hatte das Rad eine Höhe von 45 Fuß, was heute etwa 14 Metern entspricht.

Nach der Belehnung am 2. März 1723 grenzte er das Grubengebiet mit fünfzehn Pfählen ab, in denen der bergische Wappenlöwe gebrannt war. Daher kam es zum amtlichen Namen „des Peter Kauert 15 Löwenpfähl“. Es wurde auch der „Kauertsberg“ genannt. Doch er bekam bald Konkurrenz. Im Jahre 1724 erhielten der bergische Schultheiß des Amtes Steinbach Jakob Dietrich Litz, der mit Helena Wülfing, einer Tochter von Peter Jakob Wülfing aus Unterkaltenbach verheiratet war, zusammen mit Konrad Clermont aus Burscheid, dem Gießereibesitzer und Betreiber der Grube „Schmale Kaule“ bei Wellerscheid Konrad Pütter aus Leuscherath und weiteren Mitgewerken die Belehnung der Bergwerke „Das Anklebsel“ und „Der Kieffhauer Distrikt“.

Peter Wülfing gehörte ebenfalls der Drabenderhöher Kirchengemeinde an. Seine Grabplatte und die seiner Ehefrau befinden sich am Kircheneingang in Drabenderhöhe. Peter Wülfing war Pächter der Unterkaltenbacher Hütte und Besitzer des Gutes und der Mühle zu Leuscherath.

Nach 1727 pachtete sein Schwiegersohn Conrad Pütter die Hütte, wo unter anderem auch das Eisenerz aus Oberkaltenbach verarbeitet wurde. Litz und Clermont drangen 1728 mit ihrem Stollen in das Gebiet der 15 Löwenpfähl vor und beanspruchten den neunten Teil des von Kauert geförderten Eisensteins. Peter Kauert lehnte die Ansprüche ab, da er sein Bergwerk durch ein Kunstwerk und Pumpen entwässern ließ. Es entwickelte sich ein Konflikt, der im September 1739 gewaltätig wurde. Peter Kauert zog mit einer Schaar meist fremder Arbeiter, die sich mit Schießgewehren, Hacken und anderen Instrumenten bewaffnet hatten zum Litzschen Stollenwerk und bemächtigten sich allen Eisensteins, der dort gewonnen wurde. Litz berichtete über eine gewaltsame Invasion von „Mord und Totschlag“, der entstanden wäre, wenn man sich nicht zurückgehalten hätte. Solche Ereignisse kamen wohl mehrfach vor.

Dadurch kam es zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen, die noch seine Erben bis zu einem Vergleich 1786 weiterführten. Dann ging die Belehnung der Litzschen Bergwerke auf der Kauertschen Erben über. Um 1729 errichte er eine Eisenschmelzhütte auf gimbornischen Boden. Um 1760 wurde die Hütte abgerissen und auf bergischem Gebiet neu gebaut.

Die Reidemeister stammten meist aus der eigenen Familie oder waren angeheiratet, wie Friedrich Haas aus Verr, Christan Lutter aus Börnhausen, Heinrich Jost aus Drabenderhöhe, Johann Forst aus Jennecken oder Peter Faulenbach aus Obermiebach. Darüberhinaus gab es familiäre Verbindungen zu homburgischen Pastorenfamilien (Hengstenberg, Bellingrath) wie Familien aus der homburgischen Beamtenschaft (Kannegießer, Büttinghausen, Kloeber), die eine priviligierte Stellung in der Bevölkerung darstellen.

Peter Kauert hatte allerdings auch Auseinandersetzungen mit den Abnehmern seiner sehr eisenhaltigen und vielfach begehrten Erze. Damit kam es vor allem zu einem Preiskonflikt mit dem Grafen von Nesselrode zu Ehreshoven, dem Besitzer der Looper Schmelzhüte und den Engelskirchener Reidemeistern. Erst 1758 konnten die Kauertschen Erben auf Anordnung eines Urteils der bergischen „Geheimen Kammer“ des Kurfürsten zu Düsseldorf über die Preise frei entscheiden. Peter Kauert starb 1750 in Oberkaltenbach. Er soll trotz der hohen Prozesskosten noch eine stattliche Summe von 80.000 Reichsthalern vererbt haben. Laut einer churpfälzischen Publikation aus dem Jahre 1792 arbeiteten zwischen 1742 und 1792 in Grube 15 Löwenpfähl im Schnitt 70 Arbeiter und im Erbstollen zu Oberkaltenbach 80 Bergleute. Dabei wurden pro Jahr im Schnitt 443 Hauf zu 10633 Reichsthalter bei 3100 Reichsthaler Unterhaltungskosten bzw. 252 Hauf zu 5040 Reichsthalter bei 4000 Reichsthaler Unterhaltungskosten erwirtschaftet. Nach einer preußischen Statistik aus dem Jahre 1817 arbeiteten 77 Bergleute im Bergwerk.

Nach Peter Kauerts Tod setzte seine Familie den aus Eisleben stammenden Schichtmeister Johannes Friedrich Doering als Berg- und Hüttenverwalter ein. Doering wurde bereits 1742 als Schichtmeister über das Litzsche Werk vom Churfürsten beauftragt. Der Grubenbetrieb der 15 Löwenpfähl wurde 1863 eingestellt und im selben Jahr wurde die Eisenschmelzhütte auf Abbruch verkauft. Die benachbarte Grube Litz hielt sich noch zehn weitere Jahre. Im Jahre 1871 verkaufte die Familie Kauert beide Bergwerke an die Firma Friedrich Krupp in Essen. In Kaltenbach gab es noch weitere Gruben, wie die westlich der 15 Löwenpfähle gelegenen Gruben „Andreas“, Kiefhau, Wilhelm und Urania. Dieses Gebiet gehörte früher zu den Litzschen Einsenbergwerken „Das Anklebsel“ und „Kiefhau“.

Auf Ründerother Seite fanden sich noch die Bergwerke Grimmenthal bei Daxborn und die Böhmerzeche am südöstlichen Ortsrand von Kaltenbach. Die Böhmerzeche erwarb die Firma Krupp im Jahre 1890. Alle anderen Gruben wurden bereits 1865 unter dem Namen Leipzig III. von einem Konsortium unter Führung des Leipziger Bankvereins gekauft und zusammengelegt. Der Eisenerzbergbau wurde dann 1912 wegen Unrentabilität endgültig eingestellt.

In einem Artikel im Aggerblatt aus dem Jahr 1836 wird Peter Kauert als ein höchst einfacher Mensch mit schlichtem Äußeren beschrieben. Er wurde von seinen Mitmenschen häufig als der „reiche Kauert“ bezeichnet, der schlagfertig mit Witz reagierte, wenn man versuchte, ihn zu kritisieren. Er war ein zu seiner Zeit ein beliebter und hochangesehener Mann, so dass man ihn hundert Jahre nach seinem Fund in Kaltenbach noch gedachte. Pastor Karl Ludwig Hengstenberg aus Nümbrecht, ein Urenkel von Peter Kauert ehrte ihn mit einer schönen und passenden Rede im Jahre 1819 am alten Waschweier, wo Peter Kauert das erste Mal vor hundert Jahren den begehrte Eisenstein gefunden hatte.

Ein Zeugnis aus der Bergbautätigkeit ist das noch heute stehende so genannte Obersteigerhaus aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Dabei handelt es sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit einem Mansarddach. Es soll sich dabei wohl um einen Umbau eines älteren Hauses handeln. Vermutlich ist es identisch mit dem „Zechenhaus“, welches auf einer Karte von 1730 eingezeichnet ist. Demnach wäre es das Zechenhaus der Litzschen Gewerken gewesen.

Peter Kauert errichte nach 1721 zunächst sein Wohnhaus direkt neben der Eisenschmelzhütten auf gimbornischen Boden. Seine Familie lebte spätestens seit 1733, als seine Tochter Elisabeth bei einem Taufeintrag erwähnt wurde in Kaltenbach. Nach der Karte von 1730 befand sich im Bereich der Grube 15 Löwenpfähl in der Nähe des Waschweihers ebenfalls ein Zechenhaus.

Zechenhäuser, auch Huthäuser genannt, waren die Verwaltungsgebäude der Gruben. Hier befanden sich Materiallager, die Gezähekammer, Werkstatt und Wohnung. Die Hutstube war das Verwaltungsbüro des Hutmannes, der hier die Zechenbücher aufbewahrte. Dort wurden Lohnabrechnungen, Kosten und Erträge des Bergwerks vermerkt. Die Hutstube wurde häufig auch als Gebetstube vor und nach der Schicht genutz. Auch wurde hier eine Anwesenheitskontrolle vorgenommen. In der Gezähkammer wurden die Gezähe und das Geläucht der Bergleute aufbewahrt. Auch wurde hier eine Anwesenheitskontrolle vorgenommen. Die Wohnung von Hutmann und Obersteiger befand sich in der Regel in den oberen Etagen des Zechenhauses.

Peter Kauert starb im Jahre 1750 in Oberkaltenbach und wurde, da er dem reformierten Bekenntnis angehörte am 25. März in Drabenderhöhe beerdigt. Damit hatte er für damalige Verhältnisse schon ein betagtes Alter von mehr als 75 Jahren erreicht.

Nach seinem Tode bewohnte seine Enkelin Elisabeth Kauert und deren Ehemann Johannes Heinrich Forst das Gut in Oberkaltenbach. Es ist möglich, dass das Litzsche Zechenhaus mit dem Vergleich von 1786 auch in den Besitz der Familie Kauert gekommen ist. Vermutlich ließen die beiden dann das Gebäude so umbauen, wie es seine heutige Gestalt aufweist. Der Sohn und Reidemeister Ferdinand Forst lässt sich in Kaltenbach bis 1814 nachweisen. Als Sitz der Obersteigers wurde es erst wahrscheinlich nach dieser Zeit genutzt. Vielleicht ist es auch möglich, dass der eingesetzte Schichtmeister Johann Friedrich Doering dort lebte.

Unweit des Obersteigerhauses befindet sich ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit einem talseitig freiliegendem in Bruchstein vermauerten Keller. Es wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaut. Der Giebel hat einen gekerbten Fußbalken. Der rückseitige Eingang ist über eine dem Kaltenbach überspannende Bruchsteinbrücke erreichbar. Früher hatte das Haus eine quergeteilte Haustür mit kartuschenförmig eingefassten Türfüllungen, die leider beseitigt wurden. Das Haus war Sitz des Reidemeisters Heinrich Lambeck, zu dem sich der „Maire“, der Bürgermeister der Gemeinde Ründeroth während des Speckrussenaufstandes 1813 in der Franzosenzeit flüchtete. Später wurde Lambeck selbst Bürgermeister und führte von hier aus von 1817 bis 1841 die Amtsgeschäfte der Gemeinde Ründeroth.

An der Landstraße befindet sich ein weiteres historisches Gebäude mit einer zweihundert Jahre alten Innentreppe. Bis 1865 hatte hier der Bergrat des Oberbergamtes Bonn seinen Sitz, um das Bergrevier Ründeroth zu verwalten. Anschließend wurde es als Jagdhaus genutzt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es dann von Karl Bosenius übernommen, um hier einen Waldgasthaus einzurichten. Als Kurhaus Kaltenbach ist es auch heute noch in Betrieb.

Zeugen der Bergbauvergangenheit sind noch fünf von ehemals acht Teichen, die als Waschweiher, aber auch als Energiereservoir für den Antrieb der Gebläse der Eisenschmelzhütte, zum Zerkleinern des Erzes (Pochen) und über die großen Wasserräder zum Antrieb der Pumpen in den Schächten der Gruben zur Entwässerung genutzt wurden. Insbesondere bei Trockenheit dienten sie als Wasserspeicher. Die ersten Teiche wurden bereits im 16. Jahrhundert angelegt und im 18. Jahrhundert auf acht große Teiche erweitert. Das Kirchenbuch Drabenderhöhe dokumentiert für das Jahr 1782 den tragischen Todesfall des in Verr wohnenden 26-jährigen Adolph Heinrich Jüngling, der in Verbindung mit den Weihern steht. So heißt es: „nachdem derselbe am 15. Juni unter den Kirchenbüschen nächst der Kaltenbach in dem ersten Weiher sich vielleicht hat baden wollen, ertrunken.“ Er hinterließ seine Ehefrau mit zwei Töchtern. Der Flurname „Im Kirchenbusch“ existiert heute noch, der Weiher ist allerdings verschwunden, es existieren allerdings noch Überreste vom Staudamm.

Um Kaltenbach herum finden sich im Wald auch noch zahlreiche Hohlwege, die zum Abtransport des Eisenerz nötig waren, sowie zahlreiche Pingenfelder - das sind Einsturzlöcher über den alten Stollen und Schächten -, Abraumhalden und unzählige Schürfstellen.


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