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Watt Platt

Das Homburgische und Drabenderhöher Sprachlexikon.

Watt platt - Die Mundart von Drabenderhöhe

nach den Ausführungen von Otto Kaufmann, nachbearbeitet von Achim Höhler

Der Dialekt von Drabenderhöhe wird den ripuarischen Mundarten zugeordnet und bildet zusammen mit dem alten Kirchspiel Wiehl (umfasste auch Osberghausen, Bielstein, Marienhagen und alle Orte südlich der Agger) und dem Dieringhausener Raum mit Vollmerhausen, Liefenroth und Lobscheid eine sprachliche Einheit.

Zusammen mit dem Nümbrechter, Marienberghausener und Waldbröler Dialekt und mit Einschränkungen der Holper Mundart gehört unser „Platt“ den Homburgischen Mundarten (auf „platt“ hommersch) an. Der ripuarische Sprachraum umfasst neben den Grenzgebieten in Belgien (Eupen) und den Niederlanden (Vaals, Bocholtz, Kerkrade), den rheinischen Raum zwischen Aachen im Westen und Reichshof im Osten, Benrath im Norden sowie Ahrweiler und der Eifelbarriere im Süden. Als sprachliches Kulturzentrum wirkt vorallem die Metropole Köln nach aussen hin in die landkölsche Varietät in der Umgebung.

Die Homburgische Sprachlandschaft umfasst alle Merkmale eines Grenz- und Übergangsgebietes und ist gleichzeitig lingual gesehen ein altes Rückzugsgebiet (Reliktgebiet). Alte Lauterscheinungen und Sprachformen sind resthaft erhalten geblieben, die in anderen rheinischen Mundarten verloren gegangen sind. Dieses urtümliche Gepräge einer Reliktlandschaft kommt auch in manchen altertümlichen Gebräuchen (wie zum Beispiel das Pfingst-„trööten“ oder „blååsen“ auf selbstgefertigten „Pa'ißhöe'ernern“ (Pfingsthörnern), die aus geschälter Erlenrinde gedreht werden und mit einem durchgesteckten Ästchen gehalten werden), Glaubensvorstellungen, in der Volksdichtung und Volksmedizin zum Ausdruck.

Die Reliktlandschaft im Homburger Ländchen entstand auch durch die homogene konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung mit über die Jahrhunderte kaum veränderter Bevölkerungszusammensetzung. Zuwanderung gab es so gut wie gar nicht, bis auf wenige jüdische Zusiedler, die sich bereits ab 1741 in den Gemeinden Nümbrecht und Marienberghausen niederliessen und zunächst aus den Wittgensteinischen Stammlanden um Berleburg auswanderten. In der Umgebung dominierte in der Herrschaft Gimborn-Neustadt, sowie im bergischen Amt Windeck vorwiegend die lutherische Konfession (bis auf die Gemeinden Much und Dattenfeld, sowie Morsbach, ausser Holpe), im bergischen Amt Steinbach und in der Herrschaft Wildenburg hatte der Katholizismus prägend gewirkt. 1828 gehörten im Homburger Ländchen 98,98% der reformierten Lehre an, 1831 waren dies 98,89%, 1843 98,52%, 1861 98,80 %, 1885 noch 96,32%. Erst im 20sten Jahrhundert sank der Anteil der Evangelischen durch die Industrialisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert des Wiehl- und Aggertals. 1925 lag der prozentuale Anteil der Evangelischen noch bei 84,11%. Somit fand gerade im 19. Jahrhundert kein Austausch mit den Nachbarregionen statt, im Gegenteil, durch die wirtschaftliche Rückständigkeit des Homburger Ländchens kam es zu einer Bevölkerungsabnahme. Viele Homburger, auch teilweise Drabenderhöher zog es in das aufstrebende konfessionell gleich gesinnte Wuppertal (Barmen und Elberfeld), was schnell als Mu'erland bezeichnet wurde. Zunächst strebten viele als Maurer und Zimmerleute in die Saisonarbeit während der Sommermonate dorthin und ein grosser Teil hat sich dort auch später dauerhaft sesshaft gemacht.

Allerdings kann man die homburgische Sprache nur bedingt als ripuarisch bezeichnen, da der stimmhafte Reibelaut j für schriftdeutsches g im An- als auch Inlaut fehlt. In grossen Teilen des Oberbergischen Landes als auch im Windecker Ländchen hat sich dafür der alte stimmlose Gaumenlaut ch erhalten, der auch ach-ch-Laut genannt wird. So spricht man hier von „Mr chåån che'ern spaziêren“ oder „Chöff mr watt (in Nümbrecht „chätt“)“. In den Nachbargemeinden Much und Ründeroth heisst es schon „Mr jo'en je'ern spazêêren“ bzw. „Jöff mr jätt“.

Der ach-ch-Laut war früher im gesamten Kölner Raum verbreitet, wurde aber im Verlauf des Mittelalters durch den stimmhaften Reibelaut j weitgehend zurückgedrängt. Dieser harte gutturale Reibelaut hebt sich so stark hervor, so dass die Anderssprachigen aus den Nachbargemeinden diese Sprechweise lächerlich machen:

„Wa mr chåån, dann chåån mr nåå Chummerschbaach (früher auch Chummerscht), süss chåån mr charnett“, „Dann chrawê mr met dr Chrafschöppê (Grabschaufel), Chostav“ oder „Chott chröß dich, Chostav! Wann datt chot cheet“.

Für diese sprachliche Besonderheit gibt es auch eine historische Erklärung. Die Kirchspiele Much und Engelskirchen gehörten bis 1806 zum Herzogtum Berg, die homburgischen Kirchspiele Drabenderhöhe, Wiehl, Marienhagen, Nümbrecht und Marienberghausen, sowie die später gegründete Kirchenengemeinde Oberbantenberg zur Reichsherrschaft Homburg. Der Waldbröler und Holper Raum war bis zum Siegburger Vergleich 1604 ebenfalls homburgisch. Das Gebiet nördlich der Agger umfasste die Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt. So bildeten sich durch die Landesterritorien eigene Sprachräume heraus und wirkten auch als Hemmstelle, die das Vordringen kölnischer Sprachformen verhinderte. Der Raum nördlich der alten Grenze entlang der Agger bildete ebenfalls die homburgische Mundart durch eine verkehrsgeografische Südorientierung heraus. Hier trennt dann eine Lautverschiebungsgrenze, die sogenannte Benrather Linie (maken-machen-Linie), die niederdeutschen Mundarten von den mitteldeutschen Dialekten. Diese für den deutschen Sprachraum bedeutende Sprachgrenze verläuft nördlich der Linie Remshagen, folgt der Grenze der ehemaligen Gemeinde Ründeroth, zieht nördlich an Lobscheid und Liefenroth vorbei und stößt bei Vollmerhausen auf die Agger, und folgt ihr aufwärts bis Derschlag und Baldenberg, entlang der ehemaligen Grenze der Stadt Bergneustadt, wo diese dann auf das Sauerland trifft und dann mit der östlichen Grenze der Gemeinde Reichshof zusammenfällt. Die Benrather Linie fällt hier mit der sogenannten Uerdinger Linie, der eck-ich-Linie zusammen. Das niederdeutsche maken und eck wurden auf diesen Sprachlinien zu machen und ich verschoben.

In allen homburgischen Gemeinden finden sich die verschobenen mitteldeutschen Formen. Doch in einigen Beispielen sind alte Verschlusslaute erhalten geblieben, wie in den unverschobenen Wörtern „Do'erp“ (Dorf), „we'erpên“ (werfen), „deep“ (tief), „att batt“ (es hilft, nützt), „söken“ (suchen), „Schottel“ (Schüssel), „ku'ert“ (kurz).

Für die Bildung von Sprachräumen spielen auch konfessionelle Gründe eine Rolle. Diese fallen in der Regel mit den alten Kirchspielgrenzen zusammen.

Typisch für die ripuarischen Mundarten sind die Verwandlung der Zahnlaute t und d in die Gaumenlaute g und k. Die Sprachwissenschaftler nennen dies Gutturalisierung und steht für die Näselung des n. Aus Hund wurde so „Hungd“, aus Winter „Wingter“, aus Leute „Lück“ oder „Löckt“, aus Schneider „Schnedger“, aus Rhein „Rhing“, aus Wein „Wing“, aus braun „brung“, aus strunzen „strungsên“. Belege für die Gutturalisierung im Inlaut sind unter anderem „angersch“ für anders, „bingen“ für binden, „schängen“ für eigentlich schänden (hier für schimpfen) oder „unger“ für unter. Doch gilt diese Sprachregel nur teilweise für das homburgische, denn aus „heute“ wird in Drabenderhöhe nicht „hück“, sondern „hütt“ - aus „Zeit“ wird nicht „Zick“ sondern „Zitt“ - aus „Braut“ wird nicht „Bruck“, sondern „Brutt“.

In Much heisst es: „Mr jo'en höck mött dr Bruck nåå den Köngdern. Mr säjen dem Bro'eder, hä söhl dê jrußê Jeeßê hollen“.

In Drabenderhöhe sagt man dagegen: „Mr chåån hütt met dr Brutt noo dn Kingêrn. Mr saan dm Bru'er, hä sööl dê chro'eße Hippê hollen“ (Hippe = Ziege).

Die Gutturalisierung ist nördlich der Homburger Bröl also nicht in allen Fällen erfolgt. Südlich der Bröl spricht man von Löckt (Leute), Bögdel (Beutel), Schnedger (Schneider), Wegden (Weiden), lögden (leuten), Völ (Vögel) – nördlich der Homburger Bröl in Wiehl und Drabenderhöhe existieren die niederfränkischen Lautungen Lü, Bü'el, Schni'er, Wi'en, lü'en, Vö'el. Diese Sprachgrenze lässt sich auf die alten Kirchspielgrenzen, einerseits Nümbrecht und Waldbröl und andererseits Wiehl, Drabenderhöhe, Marienberghausen und Marienhagen zurückführen. Zusätzlich verläuft in ost-westlicher Richtung noch eine weitere Mundartgrenze , wo als Regel der ch-Ausfall vor t gilt:

In Wiehl, Marienberghausen und Drabenderhöhe sagt man: Näät (Nacht), bräät (brachte), Knäät (Knecht) im übrigen Homburgischen Näächt, bräächt und Knäächt. Auf dieser Sprachgrenze liegen Wörter mit Vokalkürze:

Mäll (Mehl), Bässêm (Besen), Läffêl (Löffel), chutt (gut), Jebönn (Fußboden), essen und Schaff (Wandschrank) im Norden, und die gedehnten Formen Me'el, Bääßem, Lääfel, chot, Jebü'en, äßên und Schaf im Süden. In Rose (Kirchspiel Marienberghausen) sagt man: „Da Rö'eser (Bewohner von Rose) essen m'em Läffêl on kochen em Kessel on kehren m'em Bässêm“, dagegen sagen die Niederbreidenbacher (Kirchspiel Nümbrecht): „Da Breemijêr (Bewohner von Niederbreidenbach) ääßen m'em Lääfel on kååchên em Kääßel on kehrên m'em Bääßem“.

Außer der niederfränkischen Lautung „Lü“ für „Leute“ und „Wi'en“ für „Weiden“ gilt in Drabenderhöhe auch noch die niederfränkische Bezeichnung „watt“ für „etwas“, das im ripuarischen Much „jätt“ und im Nümbrechter und Waldbröler Raum „chätt“ und im moselfränkischen Morsbach „gätt“ heisst. „Mr kann aver hören, datt Si uß dm Hommerschên sing, Si sahn lutter (immer): chätt“.

Weitere Unterschiede ergeben sich in der vokalischen Natur. In Drabenderhöhe und Wiehl hat sich der alte Vokalbruch (Diphtong) i'e erhalten, so zum Beispiel in „Wi'ertschaft“ (Wirtschaft), „Di'er“ (Tier), „I'erlen“ (Erlen). In der Gemeinde Nümbrecht heisst es dagegen „We'ertschaft“, „De'er“ und „E'erlen“. Zwischen dem Homburgischen und Bergischen Land liegt auch die Linie zwischen homburgischem „Bro'et“(Brot), „do'et“ (tot) und „chro'eß“ (groß) und landkölschem „Brut“, „dut“, „jruß“. Im Siegkreis findet sich die Vokaltrübung des a zu offenen o, so in „hånger“ (hinter), „åß“ (ist), „jêwåß“ (gewiß), „Kongder“ (Kinder), während im Homburischen „henger“, „es jêweß“, „Kengêr“ gelten. Der Lautabfall am Wortschluss ist eine allgemeinde Erscheinung: „ Wi'es“ (Wiese), „Stu'ef“ (Stube) oder „Köh“ (Kühe).

Der Homburgische Sprachraum ist also keine Dialekteinheit, sondern weist im Norden und Süden unterschiedliche Lautformen als auch einen unterschiedlichen Wortschatz auf. In Drabenderhöhe und Wiehl finden sich daher noch eine Anzahl von niederdeutschen Wörter, die im südlichen Homburger Ländchen unbekannt sind. Hierbei spricht man von einem Reliktgebiet mit resthaft erhaltenen Dialektwörtern:

  • Böörich = ungezogene Jungen, gehört zum Wort Borch (männliches Schwein)
  • Luustern = Ohren
  • luttbor = laut-ruchbar, bekannt werden
  • pälen = werfen
  • fonnêsen = heimlich mitnehmen, stehlen
  • weestern = unruhig hin- und herbewegen, herumfuchteln
  • flämmen = wegjagen
  • Schnor = Schwiegermutter
  • Däll = ebenerdige Küchendiele
  • klö'ewern = zerspalten, zerpflücken
  • Lonten = Lumpen, Lappen oder verächtlich: Kleidungsstücke
  • Schnöckelcher = Schwänke, Schwankerzählungen
  • Mu'er = weibliches Kaninchen, zum Wort Mutter gehörend
  • Wi'el = Wirbel
  • Schnürschê = Schwiegermutter (zu Schnur)
  • Wahnzö'er, Wampês = geistig, gestörter Mensch
  • mätten = nörgeln
  • Klötsch = Kuhkot
  • Dreckklötsch = Erdklumpen

Diese und andere Wörter kommen auch im niederfränkischen Sprachraum nördlich der Agger vor.

In Drabenderhöhe hat sich besonders für das Wort „verhauen, prügeln“ eine eigene Form entwickelt: „Hä kriet sê jeklästerbellt“. Homburgische Synonyme dafür sind auch: Hä kriet se jêdräschên, jekêmasöölt, jêschwat, jêwammêst, jêtrocken, jêschlufft, jêflämmt, jêdrut, jêprinzt, jêwalkt, jêbät, jêschwongen, jêbängelt, jêzöngt, jêschmeert, jêprängelt, jêpläästert, jêbleut, jêtrommt, jêzoppt, jêtrimmt, dn Hüppes jêhauen, dn Dresser jêzerrt, dn Hengêr o'ewen poliert, watt öm dn Ballich, Knöppelszoppê, Draschake, Aska met Schohnäl, met dm Stock öm de Reppen, hä kriet Schrüppe, dn Hengerschtên bêsehn und in Drabenderhöhe auch „Du kries ê paar öm dê Luustern, masch ê paar öm de Lonten.

Zum Kulturgut gehört auch die Freude am „Zeckeln und Chreezên“ (Necken und Spotten). Die Bewohner einzelner Dörfer und Gemeinden werden in zahlreichen Spottversen fröhlich geneckt und lustig gelästert. In den meisten Fällen ist dies aber nicht ernst gemeint, manchmal handelt es sich dabei auch um derbe Reimsprüche.

„Opp dr Höhe (Drabenderhöhe), do hann sê dn Aasch voll Flöhe“, Em Wi'el (Wiehl), då sing dr Checken vi'el, em Nümmert (Nümbrecht), do sing sê drömm bekömmert“. Die Eckenhagener behaupten von den Wiehlern „Homburjer Knudeln met denn scheven Schnuten, met denn spetzen Kennen, dr Düövel (Teufel) stecht dådrennen“.

Die Dahler und Immer werden mit dem Spottvers „Em Daal fressen sê de Ärpel met dr Schaal, em Ümmen konnen se chutt klömmen'“. Die Vorliebe der Homburger für „Rievkoochen on Pöffert“ fällt den Nachbarn auf und bringt den Spottnamen „Pöffertsfräßer“ ein. Pöffert ist ein in der Pfanne, Kastenform oder Kasserolle gebackener Kuchen aus geriebenen Kartoffeln. Die Mucher riefen ihnen früher „Hommersche Pöffertsfräßer“ zu, im Gegenzug wurden die Mucher von den Homburgern gerne als „Möcher Heufräßer“ bezeichnet.

Der Gebrauch der Homburger, respektive unserer Drabenderhöher Mundart schwindet leider immer mehr. Bereits 1960 begann die Entwicklung zur Aufgabe der täglichen Kommunikation untereinander im heimischen „Platt“. In 19 homburgischen Schulbezirken sprachen damals noch alle einheimischen Jugendlichen Mundart, in 37 nur noch zum Teil und in 5 Schulbezirken sprach niemand mehr Dialekt. Dieser Trend hat sich leider bis heute noch verstärkt, so dass Mundartkenntnisse in der Regel nur noch bei Personen zu finden ist, die bereits 45 (2016) oder älter sind. Junge Menschen kennen den Dialekt leider überhaupt nicht mehr und damit ist in einigen Jahrzehnten das völlige Aussterben unserer Mundart zu befürchten. Es ist damit zu rechnen, dass spätestens im Jahre 2050 niemand mehr Kenntnis über das heimische „Platt“ haben wird.

Die Wenker-Sätze für Drabenderhöhe

bearbeitet von Achim Höhler

Georg Wenker (* 25. Februar 1852 in Düsseldorf, + 17. November 1911 in Marburg) war ein deutscher Sprachwissenschaftler und begründete den Sprachatlas des Deutschen Reiches, der auch als Wenkeratlas bekannt ist. Dazu stellte er bis 1880 die 40 heute nach ihm benannten Wenkersätze zusammen, die er in den Folgejahren von Lehreren aus dem gesamten Deutschen Reichs in deren jeweilige Ortsmundart übertragen ließ.

Aus dem Homburger Ländchen existieren dazu heute noch die Original-Fragebögen aus den damaligen 18 Schulbezirken. Aus dem Jahren 1884/1885 stammt der Bogen aus dem Schulbezirk Drabenderhöhe. Lehrer Carl Dörrenberg, gebürtig aus Sotterbach und an der Schule von 1864 bis 1902 tätig befragte für die Übersetzung die hiesigen Schüler.

Zusätzlich enthält der Bogen noch einige Angaben zur Aussprache. Das „g“ im Anfang der Wörter, wie gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich wird wie leises „ch“ ausgesprochen. Das „r“, wie in roth oder rund wird im Drabenderhöher Schulbezirk hinten im Munde gebildet. Dies hat der Schulbezirk gemeinsam mit dem Schulbezirk Reuschenbach (Weiershagen). In fast allen anderen homburgischen Bezirken wird das „r“ mit der Zungenspitze gebildet.

Ausgeprägte Volkstrachten waren zu diesem Zeitpunkt in Drabenderhöher, wie auch im übrigen Homburgischen Land nicht vorhanden.

Der Name des Schulortes wurde alleinstehend als „Drabenderhöh“ angegeben, im Satze: er wohnt in Drabenderhöhe: „hä wånnt op dr Drabenderhö“.

Lehrer Dörrenberg macht noch Angaben zur Aussprache einiger Laute, die er mit gesonderten Zeichen wiedergegeben hatte. Die mit einem Strich wiedergegeben Laute werden Lang gesprochen, mit einem Kringel wurden die offenen kurzen Laute dargestellt.

Wir haben auch hier versucht, die Sprache mit dem modernen Lautungssystem wiederzugeben.

  • oa = å, bzw. åå, wie schlagen = schlån
  • ĕ = ê, wie sie = sê
  • ēē = ee, wie Wetter = Weer
  • mĕr, dĕr = mr, dr
  • Vokal + ĕ = Vokal + 'e (z. B. Feuer = Fü'er)
  • langezogener Vokal wie Näht = Näät

Die Wenker-Sätze sind ein historisch wertvolles Dokument, in der auch der Drabenderhöher Dialekt in seiner Urform dokumentiert wurde. Offensichtlich scheinen sich im Laufe des 20sten Jahrhunderts Verformungen eingeschlichten zu haben. Bei manchen Wörtern, wie z. B. Kind oder Winter scheint eine Vokalverschiebung von e zu i sich vollzogen zu haben, unter Umständen durch den Einfluss der Hochsprache. Auch viele bäuerlichen Alltagsbegriffe verschwanden nach und nach aus dem Wortschatz der Menschen, so dass einige heute ganz und gar ungebräuchlich und auch unbekannt sind.

Die 40 Wenkersätze

  1. Im Winter fliegen die trockenen Blätter in der Luft herum.
    Em Wengter fli'en dê drü Blaar du'er dê Loft heröm (resp. en der Höhe erömmen)
  2. Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser.
    Ett hört jlich op zê schne'ien, då wird ett Weer wi'er besser.
  3. Tu Kohlen in den Ofen, damit die Milch bald zu kochen anfängt.
    Duo Kollen en dên O'even, dat dê Melch baal an zê kochen fängtt.
  4. Der gute alte Mann ist mit dem Pferd(e) auf dem Eis eingebrochen und in das kalte Wasser gefallen.
    Dä chudde aal Mann ês mem Pe'erd du'er et Is jebrochen on en dat kaal Wasser jefallen.
  5. Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben.
    Hä es vör vi'er odder sechs Wächen jesto'erven.
  6. Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt.
    Ett Fü'er wor zê heeß (auch hetzich), dê Kuchen sing jåå ungen chanz schwarz verbrangt.
  7. Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer.
    Hä eßt dê Eier ümmer åhne Salz un Peffer.
  8. Die Füße tun mir (so sehr) weh, ich glaube, ich habe sie (mir) durchgelaufen.
    Dê Föüß duun mr seer (auch arch) wehe, ech chlöven, ech hann sê du'erjeloofen.
  9. Ich bin selber bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wolle es auch ihrer Tochter sagen.
    Ech sing bi dr Frau jeweest on hann ett är jesaat, on sê saate, sê wöll ett och äärer Dååhter saan.
  10. Ich will es auch nicht mehr wieder tun/machen.
    Ech well ett och nit mehr wi'er duun.
  11. Ich schlage dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, du Affe.
    Ech schlån dech jlich mem Kochläffel öm dê Ohren, du Affe.
  12. Wo gehst du (denn) hin? Sollen wir mitgehen (mit dir gehen)?
    Wå chehste hin, sulle mr (auch summer) met dr chåån?
  13. Das /es sind schlechte Zeiten.
    Ett sing schläte Zi'en.
  14. Mein liebes Kind, bleib hier unten stehen, die bösen Gänse beißen dich tot.
    Ming liv Kengd, bliev hi ongen ståån, dê bö'es Chänsen bi'eßen dech do'ed.
  15. Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, du darfst früher nach Hause gehen als die anderen.
    Du häß hüt am mesten jeleert on bes artich jeweest, du darfst fröüer (auch e'er) nåå Hus (Hem) chåån äs dê angeren.
  16. Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein allein auszutrinken, du mußt erst noch wachsen und größer werden.
    Du bes noch nit chro'eß jenouch öm ên Fläsche Wing uszêdrenken, du muß erscht noch ên Äng (auch Stöckelchen) waaßen on chrö'ßer weren.
  17. Geh, sei so gut und sag deiner Schwester, sie soll die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen.
    Chå (auch chang), bes so chut, un säch dinger Schwester, sê söll dê Kle'er för ür Moutter fe'erdich nähen on met dr Bü'erschte ren machen.
  18. Hättest du ihn gekannt! Dann wäre es anders gekommen, und es täte besser um ihn stehen.
    Hätts du änn (hättsten) jekannt, dann wär ett angersch kummen on ett dä besser öm ên stohn (auch ett stüng besser öm ên).
  19. Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen?
    Wer hätt mir mingen Kårf met Flesch jestå'elen?
  20. Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt (sie haben es aber selbst getan).
    Hä dä so, äs hätten sê änn zêm dreschen bestallt, sê hann ett aver selver jedån.
  21. Wem hat er (denn) die neue Geschichte erzählt?
    Wemm hät hä die nöü Jeschichte verzallt?
  22. Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht.
    Mr muß laut schri'en, soß versteht hä us nit.
  23. Wir sind müde und haben Durst.
    Mir sing müh on hann Du'erscht.
  24. Als wir gestern abend heim/zurück kamen, da lagen die anderen schon im Bett und waren fest eingeschlafen/am schlafen.
    Wie mir chestern Å'evend wi'er kåmen hem, dåå lååen die angeren alt em Bett on wåren faste am schlåfen.
  25. Der Schnee ist diese Nacht liegen geblieben, aber heute morgen ist er geschmolzen.
    Dr Schnee es di'es Näät bi us li'en blieven, äver hüt Morjen es hä jeschmolzen.
  26. Hinter unserem Hause stehen drei schöne Apfelbäume/drei Apfelbäumchen mit roten Äpfeln/Äpfelchen.
    Henger usem Hus ståån dre'i schö'en Appelbömchen met ro'en Äppelchen.
  27. Könnt ihr nicht noch einen Augenblick/ein Augenblickchen auf uns warten? Dann gehen wir mit (euch).
    Kounnt ihr ent noch en O'enbleckelchen op us warden, dann chån mr met öch.
  28. Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben.
    Ihr dö'erft nit sonn Kengere'ien drieven.
  29. Unsere Berge sind nicht so (sehr) hoch, die euren sind viel höher.
    Us Berch sing net arch hohe, dê üren sing vi'el höher.
  30. Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brot wollt ihr haben?
    Wievill Pongt Wu'erscht on wievill Bro'et wullt ihr hann?
  31. Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen.
    Ech verstån öch nit, ihr mußt ên bißchen (auch weenich) lauuder sprechen.
  32. Habt ihr kein Stückchen weiße Seife auf meinem Tisch(e) gefunden?
    Hat ihr keen Stöckchen wisse Seefe vör mech op mingem Dösche fongen?
  33. Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen.
    Sing Bru'er well sech zwei schö'en nöüe Huser en ürem Charden bou'en
  34. Das Wort kam ihm von Herzen.
    Dat Wo'ert kåm em van Herzen.
  35. Das war recht von ihnen!
    Dat wår räät van ên (auch öch).
  36. Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen?
    Wat setzen dåå vör Vü'eltcher o'even op dêm Mü'erchen?
  37. Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen.
    Dê Bu'eren hatten fönf O'eßen on nüng Küöh on zwölf Schöfcher vör et Dorp bräht, die wolltên sê verkoofen.
  38. Die Leute sind heute alle draußen auf dem Feld(e) und mähen.
    Dê Lüü sing hüt all dobußen om (op dêm) Fell on mähen.
  39. Geh nur, der braune Hund tut dir nichts.
    Chang nu (Choh nu), dä brung Hongd deet dir nichts.
  40. Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren.
    Ech sing met dänn Lüü'en do hengen ü'ever de Wi'es en ett Ko'ern jefahren.

In einem weiteren Bogen, der an Georg Wenker geschickt wurde finden sich noch weitere Sätze, die aber nicht mit der Lautschreibung der Wenkersätze übereinstimmen, hier aber korrigiert sind:

  1. Binde deren Tuch um den Kopf.
    Duo derr'n Duch öm de Kopp bengen.
  2. Sie hat gar manches gesagt, sie will denn Abends wieder nach Hause kommen.
    Sê hätt ja mech jesaat, sê wöll denn Å'evend wi'er nå Hus kummen.
  3. Wir sind von Ihnen bestellt worden.
    Mr sing van 'nen bestallt wuuren.
  4. Im Winter fliegen die Blätter durch die Luft.
    Em Wengter fli'en dê Ble'er du'er dê Loft.
  5. Unter dem Apfelbäumchen da hinten stehen zwei Bänkelchen.
    Onger dem Appelbömchen då hengen ståån zwei Bönkelcher.
  6. Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, er liegt drei Fuß hoch.
    Dr Schnee es dis Näät bi us li'en bli'even, hä litt dre'i Fuß hohe.
  7. Ich hätte euch gute Kinderbücherchen gegönnt, ihr seid mir aber nicht artig gewesen.
    Ech hätt öch chudde Kengderbüchelcher jejönn, ihr sidd mr ävver nitt artich jeweest.
  8. Wir müssen bedauern, er ist ein gutmütiges Schaf.
    Mr mussen beduuren, hä es ên chuddemüdich Schåf.
  9. Gestern war schlechtes Wetter.
    Cheschtern wå'er schlät Weer.
  10. Ihr Hund hat unser Fleisch gefressen.
    Ü'er Hongd hätt us ett Flesch fressen.
  11. Hat er kein Stückchen Seife auf dem Tisch gefunden?
    Hatter ke Stöckelche Seefe om Dösch fongen?
  12. Ich konnte es nicht finden.
    Ech konnt ett nitt fengen.
  13. Wir müssen hier noch einen Augenblick warten.
    Mr mussen hie noch en O'enbleckelchen warden.
  14. Die Bauern haben fünf Ochsen und neun Kühe und zehn Schäfchen in das Dorf gebracht.
    De Bu'eren hann fönf O'eßen on nüng Küöh on zihn Schöfcher vör et Dorp bräät.
  15. Liebes Kind, du musst erst noch ein…
    Liv Kengd, du muß e'rscht noch en…

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