Heimatverein Drabenderhöhe e.V.

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Braunswerth

Braunswerth ist ein heute zu Engelskirchen gehörender Ortsteil, dessen Einwohner zumeist reformierter Religion waren und sich zum Kirchspiel Drabenderhöhe hielten. Der Ort gehörte zum Amt Steinbach im Herzogtum Berg und bezieht sich auf einen Flurnamen. Werth steht für gewöhnlich für eine Insel in einem fliessenden Gewässer, in diesem Falle die Agger. Vermutlich hat es vor der Errichtung von Gebäuden im 16. Jahrhundert dort noch eine Insel gegeben, die aber vermutlich durch menschliches Eingreifen in die Landschaft entweder verlandet oder eben verschwunden ist.

Preussische Katasterkarte von 1828 mit Nachtrag von 1871. Die in rot eingezeichneten Gebäude sind zwischen 1844 und 1869 entstanden. Die durchgestrichenen schwarzen Gebäude wurden abgerissen.

Die beiden Juristen Dr. Johann Steffens aus Grevenbroich und Dr. Reinhard Hymmen aus Königshoven bei Bedburg, denen auch die Unterkaltenbacher Hütte gehörte, begannen nach 1566 an der Aggerschleife bei Braunswerth „einen selfhammer und hutten“ zu bauen. Zum Betrieb der Wasserräder legten sie einen langen Obergraben an, der sein Wasser aus der Agger bezog. Dies führte zu einem Konflikt mit dem Schöffen des benachbarten märkischen Amtes Neustadt (später Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt), da Fische daran gehindert wurden, flussaufwärts zu ziehen und damit Fischfang dort nicht mehr möglich sei. Bei einer Besichtigung am 03. September 1568 wurde dem Amtmann zugesagt, den Zustand zu verbessern. Neben dem Hammer und der Eisenhütte wurde ein Wohnhaus errichtet, in dem zwischen 1570 und 1580 Dr. Reinhard Hymmen und später um 1612 Hermann Steffens lebte. Nach dem Umzug nach Unterkaltenbach hat die Familie Haus und Hammer vermutlich an den Grafen von Nesselrode verkauft, der wiederum um 1654 das Gut im Tausch für den Hof Gibbinghausen (Kirchspiel Much) an den ursprünglich aus Dattenfeld stammenden bergischen Schultheißen Johannes Saur weitergab. Nach 1612 muss Braunswerth verpachtet worden sein. Im Taufbuch von Engelskirchen finden sich folgende Personen:

  • 1648 bis 1653 Johannes Reinhard im „Braunßwerth“
  • 1652 Johannes Herrschaffts zum „Braunswerth“, Trauzeuge ist der „fürstlich Pfaltzneuburgische Schultheiß zu Much undt nesselradischer Schultheiß zu Overatt“ – Johannes ist der Stiefsohn von Matthias Weingartt
  • 1655 Johannes Saur tauft seine Tochter Johanna Dorothea in Braunswerth
  • 1654 bis 1662 Matthias und Agnes Weingartt im „Braunswerdt“
  • 1660 Bergvogt Reinhard von Recklinghausen ist Taufpate

Reinhard von Recklinghausen entstammte einer reformierten Familie aus Eschweiler bei Aachen. Diese Familie hielt über mehrere Generationen in verschiedenen Orten das Amt des Bergvogts inne. Noch vor dem Jahre 1660 zog er nach Braunswerth um, verstarb dann im Jahre 1670 in Gulpen in den heutigen Niederlanden. Die Hütte muss aber bereits in einem schlechten Zustand gewesen sein, wie die Kellnereirechnung des Amtes Steinbach aus den Jahren 1750/51 berichtet: „Hütte und Hammer zu Brunswerth haben Dres Steffens und später der Bergvogt Recklinghausen dermahlen wieder aufgebaut“. Sein Sohn Matthias Gerhard, geboren 1637 in Eschweiler war ebenfalls Bergvogt und aus einem Taufeintrag 1669 geht dann endgültig hervor, dass Braunswerth ein Pachthof war:

„Herr Mathias Gerhard von Recklinghausen fürstlich neuenburgischer Bergvogt im Fürstetumph Berghe, der Huidt en Braunßwert Paecht“. Engelskirchen war zu der Zeit ein fast rein katholisches Gebiet, wenn man von den Höfen Anfang, Brächen, Büddelhagen und Verr absieht. Die Evangelischen der Engelskirchener Weiler Feckelsberg, Dorn und Oberkaltenbach gehörten zur lutherischen Kirchengemeinde Ründeroth. Daher wurden die Reformierten von Braunswerth nach Drabenderhöhe eingepfarrt. Die fünf Kinder wurden alle in der Kirche zu Drabenderhöhe getauft. Der älteste Sohn Reinhard war später Reidemeister in Dalbenden. Der jüngere Sohn Johann Gerhard war ebenfalls Bergvogt und verlieb in Braunswerth, starb aber schon 1721 und hatte nur eine Tochter und keine männlichen Nachfahren. Die älteste Tochter Anna Getrud von Recklinghausen heiratete den aus Elberfeld stammenden Peter Jakob Wülfing. Er lebte bereits um 1682 in Braunswerth, zog dann aber nach 1686 nach Unterkaltenbach um. Die Grabplatten der beiden sind bis heute an der Kirche zu Drabenderhöhe zu sehen. Die Tochter Helena Margaretha von Recklinghausen heiratete den Kupfermeister und Eisenhändler Heinrich Hoesch aus Stolberg. Die jüngste Tochter Wilhelmina war wohl unverheiratet und zog mit Ihren Eltern auf das Gut Bellinghausen in der Herrschaft Homburg. Tochter Apollonia Magdalena von Recklinghausen heiratete um 1697 Jacob Heinrich Schnabel. Damit ging dann Braunswerth an die Familie Schnabel über, die es vermutlich dann im Laufe des 18. Jahrhunderts gekauft hat. Jacob Heinrich Schnabel war „Hammerherr“ und stammte aus dem Kirchspiel Nümbrecht. Zwischen 1698 bis etwa 1711 lebte die Familie in Haus Vogelsang, einem Pachthof im Kirchspiel Much. Seitdem blieb Braunswerth für fast 140 Jahre in Familienbesitz. Der Sohn Heinrich Schnabel war Papierhändler und Papierfabrikant und wurde Namensgeber der alten Quirlsmühle (heute Schnabelsmühle) bei Bergisch-Gladbach. Der Sohn Jacob Diederich Schnabel führte das Unternehmen als Vogt in Braunswerth weiter. Das Gut erbten wiederum seine Söhne, der Doktor der Rechte, sowie Kauf- und Handelsmann Friedrich Heinrich Schnabel und der Kaufmann und Reidemeister Johann Wilhelm Schnabel. Die Tochter von Friedrich Heinrich Schnabel, Friederike Charlotte heiratete Samuel Mumm, einem Kauf- und Handelsmann aus Elberfeld. Deren Tochter Auguste erbte deren Anteil an Braunswerth und heiratete Ferdinand Liesendahl, einem Kaufmann aus Burscheid.

Im Jahr 1804 berichete Bergrat Eversmann über Braunswerth: „ Das Bunschwerther Werk bey Engelskirchen an der Acher besteht aus einem Stabfeuer neben dem noch 2 Bandhämmer liegen. Das Stabfeuer wird von Bergischen nur sehr schwach getrieben, die Kohlen kommen aus der Nachbarschaft. Noch liegen zu Engelskirchen zwey einfach Stabhämmer neben der Hütte, davon gehört einer dem Schnabel zu Brunswerth, der andere Fink am Rommersberg. Es sind Zweymalschmelzer. Sie erhalten das Roheisen von der Engelskirchener Hütte, die Kohlen aus der Nachbarschaft, und haben ihren Absatz ebenfalls nach Remscheid.“ Wie Einwohnerzahlen belegen, blieb Braunswerth ein kleiner Ort:

  • 1817 Hof mit 20 Einwohnern und 2 Eisenhämmer
  • 1828 Hof mit 23 Einwohnern, 2 Eisenhämmer
  • 1843 Hof und Fabrikanlage mit 58 Einwohnern, davon 34 Katholiken und 24 Evangelische, 4 Häuser
  • 1849 Hof mit 2 Eisenhämmern und 1 Ölmühle mit 42 Einwohnern
  • 1868 Hof mit 60 Einwohnern, Eisenhämmer

Baumwollspinnerei Ermen & Engels

Seit 1871 wird Braunswerth nicht mehr als eigenständiger Ort gelistet.Im Jahre 1837 gründete Friedrich Engels senior aus Barmen zusammen mit dem in Manchester ansässigen Fabrikanten Peter Albert Ermen die Firma „Peter Ermen & Co.“, die 1838 in „Ermen und Engels“ umbenannt wurde. Sie beabsichtigen zunächst im Unterbarmen eine Textilfabrik in Form einer Spinnerei zu errichten. Doch entschloss sich Engels im April 1837 das Hammerwerk in Braunswerth mit der anhaftenden Wassergerechtsame von den Eheleuten Friedrich Ferdinand Christoph Schnabel und Franz Ferdinand Liesendahl zu Braunswerth zu kaufen. Das Grundstück war deutlich günstiger als das in Barmen, zudem verfügte die eher ärmliche Gegend um Engelskirchen ein günstiges Potenzial an Arbeitskräften und es stand genug Raum für Erweitungsmöglichkeiten zur Verfügung. Am 01. Juli 1837 gründete man die Firma „Baumwollspinnerei Ermen & Engels in Manchester und Engelskirchen“ und begann in Braunswerth mit der Errichtung erster Industrieanlagen. Bereits 1844 konnte man die Produktion aufnehmen. Ab 1885 übersiedelte der Firmensitz dann nach Engelskirchen.

Villa Braunswerth um 1860

Vertreter der Firma in Engelskirchen wurde Gottfried Anton Ermen, der mit seiner Familie ab 1841 in Braunswerth lebte. Die Familie Ermen war ebenfalls refomierten Bekenntnisses und fünf seiner Kinder wurden in Drabenderhöhe getauft. Im Jahre 1844 zog die Familie dann auf das Gut Alsbach um, was deutlich repräsentativer war als das alte Gebäude in Braunswerth. Die Häuser und Anlagen dort wurden nach und nach abgerissen und es entstand für die Familie des Friedrich Engels senior 1855 nach den Plänen des Barmer Architekten Christian Heiden die im klassizistischen Stil erbaute Villa Braunswerth mit einem großzügig vom Düsseldorfer Gartenarchitekten Joseph Clemens Weyhe angelegten Park. Später haben dort seine Söhne Emil und Hermann gelebt. Friedrich Engels jun. verfasste dort einen Teil seines Werkes „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“. Er wurde als Philosoph und Gesellschaftskritiker bekannt und publizierte zusammen mit Karl Marx das Kommunistische Manifest. Peter Albert Ermen schied aus dem Unternehmen in Engelskirchen am 20. Mai 1852 aus, sein Bruder Gottfried Anton führte die Baumwollspinnerei noch bis zum 31. Dezember 1856 auf gemeinschaftliche Rechnung mit Friedrich Engels fort. Danach war Friedrich Engels alleiniger Teilhaber des Unternehmens. Die Familie bewohnte Braunswerth bis 1979, als das Unternehmen liquidiert worden ist. Hermann Engels IV. war der letzte Geschäftsführer, der im Jahre 2012 mit 79 Jahren verstarb und war der Ur-Ur-Enkel des Firmengründers Friedrich Engels.

Villa Braunswerth auf einer Postkarte

Die Baumwollspinnerei vergrösserte sich zusehends, insbesondere entstand der heutige Baukörper zwischen 1866 und 1869 nach englischem Vorbild mit einer gusseisernen Innenkonstruktion. Es wurden immer mehr Arbeitsplätze geschaffen, was vor allem evangelische Zuwanderer anlockte. Braunswerth blieb bis 1850 Teil der Kirchengemeinde Drabenderhöhe und wurde dann nach Ründeroth eingepfarrt. Friedrich Engels war besonders engagiert, eine selbstständige evangelische Kirchengemeinde in Engelskirchen zu gründen und stiftete bei seinem Tod im Jahre 1860 2500 Thaler. Am 11. Februar 1862 wurde der erste Gottesdienst im Speisesaal der Baumwollspinnerei abgehalten. Die Kirche wurde am 10. November 1867 eingeweiht und die Pfarrgemeinde am 01. Januar 1868 gegründet. Im selben Jahr wurde auch das Gebäude der evangelischen Privatschule und das Pfarrhaus fertiggestellt. Als geschlossenes Bauensemble stehen die Villa, der Park, das Gewächshaus, das Kutscherhaus, die Fabrikgebäude mit Wasserkraftzentrale, Wollager, sowie Schreinerei und Schlosserei und die Kirche mit Pfarr- und Schulhaus, wie zwei Fachwerkhäusern unter Denkmalschutz.

Blick auf Engelskirchen 1918


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